Krebszellen seltener kindlicher Hirntumoren ähneln unreifen Hirnzellen

Krebszellen einer bestimmten Form seltener und aggressiver Hirntumoren bei Säuglingen und Kleinkindern zeigen Merkmale unreifer Hirnzellen. Das haben Forscher des Hopp-Kindertumorzentrums Heidelberg (KiTZ), des Deutschen Krebsforschungszentrums und des Princess Máxima Centrums (PMC) in Utrecht herausgefunden. Hemmten die Forschenden das Wachstum der Krebszellen im Labor, änderten die Krebszellen ihr genetisches Programm und wurden spezialisierten „normalen“ Gehirnzellen immer ähnlicher. Die Ergebnisse eröffnen neue Möglichkeiten, die Teilungsfähigkeit der Tumorzellen zu stoppen und gezielte personalisierte Behandlungen für Untergruppen dieser Tumorart zu entwickeln.

© Princess Máxima Center for pediatric oncology (PMC)

Das „Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg“ (KiTZ) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) und der Universität Heidelberg (Uni HD).

Rhabdoide Tumoren des zentralen Nervensystems (ZNS), auch atypische teratoide/rhabdoide Tumoren (AT/RT) genannt, sind seltene, aggressive, schnell wachsende embryonale Tumoren, die fast ausschließlich bei Säuglingen und Kleinkindern auftreten. Der Tumor entsteht in der Regel durch eine Funktionsstörung des SMARCB1-Gens, das eine wichtige Bremse für die Entstehung von Krebs darstellt. Bislang wurden drei molekulare Subtypen von ATRTs entdeckt, es fehlt jedoch an speziell auf diese Untergruppen zugeschnittenen Behandlungen. 

Das Forscherteam um Marcel Kool und Jarno Drost, beide Forschungsgruppenleiter am Princess Máxima Centrums in Utrecht und Kool ebenfalls am Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ), und Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), kartierte die Genaktivität in den verschiedenen Tumoruntergruppen, um auf zellulärer Ebene zu verstehen, wie die verschiedenen Unterarten entstehen. Drost erklärt: „Wir fanden heraus, dass jeder ATRT-Subtyp seinem eigenen Entwicklungsweg folgt, ähnlich der Art und Weise, wie verschiedene Gehirnzellen während der frühen fötalen Entwicklung entstehen. Anhand von im Labor kultivierten Minitumoren aus Patientenproben untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit dem Erstautor der Studie Enrique Blanco Carmona, ob sich das genetische Programm und somit die Entwicklung der Krebszellen in eine bestimmte Richtung lenken lässt.

Die Zugabe bestimmter Inhibitoren bewirkte, dass sich die Zellen langsamer teilten, weniger aggressiv wuchsen und auch in ihrem genetischen Programm eher reifen „normale“ Gehirnzellen ähnelten. „Das heißt die Entwicklung von ATRT-Zellen lässt sich steuern“, sagt Kool. „Die Ergebnisse liefern uns neue Anhaltspunkte für neue Therapien, die spezielle auf den Subtyp und den Reifungszustand des Tumors zugeschnitten sind.“

Die Forschung wurde unter anderem durch die Zusammenarbeit zwischen dem PMC und dem KITZ im Rahmen der EU CAN KIDS Allianz (European Alliance for a Childhood Without Cancer), dem Europäischen Forschungsrat, dem Niederländischen Forschungsrat (NWO) und der Children Cancer-Free Foundation (KiKa) ermöglicht und finanziert.

 

Originalpublikation:
E. Blanco-Carmona et al. A cycling, progenitor-like cell population at the base of atypical teratoid rhabdoid tumor subtype differentiation trajectories. In: Journal of Neuro-Oncology (Online-Publikation 2. September 2025). DOI: https://doi.org/10.1093/neuonc/noaf179