Forschung am KiTZ zu Neuroblastomen

Das Neuroblastom ist der häufigste pädiatrische solide Krebs, der von primitiven Zellen des peripheren sympathischen Nervensystems ausgeht. Es zeichnet sich durch einen heterogenen klinischen Phänotyp aus, der von spontaner Rückbildung bis hin zu malignem Fortschreiten trotz intensiver multimodaler Therapien reicht. Das Vorhandensein eines aktiven Telomererhaltungsmechanismus wird beim Neuroblastom mit aggressivem Wachstum und schlechtem Ausgang in Verbindung gebracht, während Tumoren mit niedrigem Risiko in der Regel keinen Telomererhaltungsmechanismus aufweisen. Untergruppen von Hochrisiko-Neuroblastomen verlängern Telomere entweder durch Telomerase-Aktivierung (als Folge von amplifiziertem MYCN oder umgeordnetem TERT) oder durch alternative Telomer-Verlängerung (ALT).

Das übergeordnete Ziel unserer Arbeit ist die Integration der molekularen Diagnostik der nächsten Generation für eine präzisere Risikostratifizierung der Patienten und die Entwicklung molekular gezielter Therapien auf der Grundlage eines besseren Verständnisses der molekularen Mechanismen, die der Neuroblastom-Tumorentstehung zugrunde liegen.

Spotlight - AG Westermann

Einzelzell-Transkriptomanalysen bieten Einblicke in die normale Entwicklung des sympathischen Systems

Studien zur Entwicklung der menschlichen Nebenniere, die Aufschluss über den zellulären Ursprung des Neuroblastoms geben könnten, sind selten. Wir haben Einzelzell-Transkriptomik-Studien über die normale Entwicklung der menschlichen Nebenniere und der sympathischen Ganglien initiiert, um die normalen Gegenstücke und potenziellen Neuroblastom-Zellen zu beschreiben.

Genomische und andere molekulare Analysen bei verschiedenen Krebsarten haben eine bemerkenswerte Vielfalt an genomischen Aberrationen, veränderten Signalwegen und onkogenen Prozessen aufgezeigt. Wir stellen die Hypothese auf, dass diese Vielfalt durch endogene Faktoren, insbesondere der spezifischen Entwicklungsprogramme und epigenetische Zustände der entstehenden Zellen, in Verbindung mit exogenen Faktoren entsteht. Eine genaue Definition der Ursprungszellen und der Differenzierungs-/Entwicklungszustände während der Schlüsselereignisse in der Tumorentstehung ist von größter Bedeutung. Ziel dieses Forschungsschwerpunkts ist es, Entwicklungsprogramme zu identifizieren, die in Tumorzellen im Vergleich zu normalen embryonalen/fötalen Zellen wieder aktiviert wurden.

 

Eine zentrale Frage unserer Arbeit ist, wie bestimmte Mutationen die normale Entwicklung des Ursprungsgewebes verändern. Ziel dieses Forschungsschwerpunktes ist es zu verstehen, wann genau Neuroblastome in der Embryonalentwicklung entstehen und wie sich gutartige von sehr aggressiven Tumoren unterscheiden. Unsere Analysen deuten darauf hin, dass Neuroblastome über das gesamte klinische Spektrum hinweg vermutlich schon während der frühen Schwangerschaft zu entstehen beginnen. Anhand bestimmter Erbgutveränderungen und mit Hilfe von mathematischen Modellen können wir die Entwicklungsgeschichte jedes einzelnen Tumors rekonstruieren. Diese Berechnung basiert auf der Annahme, dass sich Erbgutveränderungen im Genom zufällig und über die Zeit hinweg mit konstanter Geschwindigkeit anhäufen – wie Sand in einer Sanduhr. Die Ansammlung von Mutationen wird daher auch als molekulare Uhr bezeichnet und ist messbar und erlaubt Rückschlüsse auf die zeitliche Entstehungsgeschichte. Die Analysen zeigten überraschenderweise, dass Neuroblastome aller Risikogruppen bereits in der frühen Schwangerschaft entstehen, sich jedoch in Art und Dauer ihrer frühen genetischen Evolution unterscheiden (Körber et al., Nature Genetics 2022).

 

 

 

Um die Entstehung und Entwicklung eines Neuroblastoms besser verstehen zu können, modellieren wir wichtige (epi)genetische Veränderungen, die wir in den Tumoren identifiziert haben, in humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSCs). Diese iPSCs können im Labor in verschiedene Entwicklungsstadien der Embryonalentwicklung gezielt differenziert werden. So kann getestet werden in welchen Zellpopulationen bestimmte (epi)genetische Veränderungen zur Entstehung eines Neuroblastoms führen.

 

 

 

Ferroptose ist eine Form des Zelltods, der ausgelöst wird, wenn sich eine tödliche Menge an freien Radikalen in der Zelle ansammelt. Dies geschieht, wenn die metabolischen Systeme versagen, die das Gleichgewicht von Sauerstoff, Eisen, Aminosäuren und mehrfach ungesättigten Fettsäuren regulieren. Neuroblastomzellen sind aufgrund ihrer hohen Stoffwechselaktivität besonders anfällig für Ferroptose. Die Krebszellen haben allerdings spezielle Mechanismen entwickelt um sich vor einem Zelltod durch Ferroptose zu schützen. Ziel unserer Arbeit ist es das komplexe regulatorische System in Neuroblastomzellen zu verstehen und dadurch Angriffspunkte zu identifizieren, wie die Ferroptose gezielt ausgelöst werden kann und so neue therapeutische Konzepte entwickelt werden können. Wichtig ist dabei auch zu verstehen, wie sich die regulatorischen Systeme in den verschiedenen molekularen Subtypen des Neuroblastoms unterscheiden und sich daraus eine unterschiedliche Sensitivität für diese Therapien ergibt. 

Unsere Arbeit zur Ferroptose wird im Rahmen des Schwerpunktprogrammes SPP - 2306 zum Thema "Ferroptose: Von molekularen Grundlagen zu klinischen Anwendungen" von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. 
 

 

 

 

Ein wichtiges Ziel unserer Arbeit ist es seit vielen Jahren, Zielmoleküle in Neuroblastomzellen, die von einer hohen Aktivität des Onkogens MYC(N) abhängig sind, zu identifizieren., da MYC(N) selbst nicht oder nur schwer therapeutisch angegriffen werden kann. Auf der Grundlage eines siRNA Screens haben wir die Hemmung des CDK12/13/CCNK Komplex als potenzielle Zielstruktur ermittelt. 

In einem Wirkstoffscreening haben wir verschiedene chemische Substanzen identifiziert, die spezifisch auf den CDK12/13/CCNK-Komplex abzielen. Diese Substanzen basieren auf einer sehr ähnlichen chemischen Struktur, haben aber unterschiedliche Wirkmechanismen. Einige Substanzen wirken als klassische Kinase Inhibitoren, während andere als sogenannte molekulare „glue degrader“ wirken. Diese Moleküle nutzen das Ubiquitin-Proteasom-System der Zelle um ihre Zielproteine gezielt abzubauen und somit unwirksam zu machen. Unsere Arbeit wird im Rahmen des internationalen Projektes PROTECT als Teil des Programmes „Cancer Grand Challenges“ gefördert. Die entwickelten Substanzen sind klinisch sehr vielversprechend und werden ausführlich präklinisch in Bezug auf Effektivität und Sicherheit getestet.
 

 

 

 

Unsere Abteilung ist Teil des internationalen Projektes „ITCC pediatric cancer data portal”. Diese internationale Kooperation umfasst klinische Programme aus sieben Nation und hat sich zum Ziel gesetzt genetische Daten von über 6000 pädiatrischen Patienten zu sammeln und zu harmonisieren. 

Weiterführende Informationen finden Sie auf der Website des Projektes: https://www.pedcanportal.eu/

 

 

 

 

  1. Körber, V., S. A. Stainczyk, R. Kurilov, K. O. Henrich, B. Hero, B. Brors, F. Westermann* and T. Höfer* (2023). ‘Neuroblastoma arises in early fetal development and its evolutionary duration predicts outcome.’ Nature Genetics 55(4): 619-630. 
    *shared last Author
  2. Alborzinia, H., A.F. Florez, S. Kreth, L.M. Bruckner, U. Yildiz, M. Gartlgruber, D.I. Odoni, G. Poschet, K. Garbowicz, C. Shao, C. Klein, J. Meier, P. Zeisberger, M. Nadler-Holly, M. Ziehm, F. Paul, J. Burhenne, E. Bell, M. Shaikhkarami, R. Wurth, S.A. Stainczyk, E.M. Wecht, J. Kreth, M. Buttner, N. Ishaque, M. Schlesner, B. Nicke, C. Stresemann, M. Llamazares-Prada, J.H. Reiling, M. Fischer, I. Amit, M. Selbach, C. Herrmann, S. Wolfl, K.O. Henrich, T. Hofer, A. Trumpp, and F. Westermann, 'MYCN mediates cysteine addiction and sensitizes neuroblastoma to ferroptosis'.Nat Cancer, 2022. 3(4): p. 471-485.
  3. Jansky, S., A. K. Sharma, V. Körber, A. Quintero, U. H. Toprak, E. M. Wecht, M. Gartlgruber, A. Greco, E. Chomsky, T. G. P. Grünewald, K.-O. Henrich, A. Tanay, C. Herrmann, T. Höfer and F. Westermann (2021). 'Single-cell transcriptomic analyses provide insights into the developmental origins of neuroblastoma.' Nature Genetics 2021 May;53(5):683-693.
  4. Hartlieb, S. A., L. Sieverling, M. Nadler-Holly, M. Ziehm, U. H. Toprak, C. Herrmann, N. Ishaque, K. Okonechnikov, M. Gartlgruber, Y.-G. Park, E. M. Wecht, L. Savelyeva, K.-O. Henrich, C. Rosswog, M. Fischer, B. Hero, D. T. W. Jones, E. Pfaff, O. Witt, S. M. Pfister, R. Volckmann, J. Koster, K. Kiesel, K. Rippe, S. Taschner-Mandl, P. Ambros, B. Brors, M. Selbach, L. Feuerbach and F. Westermann (2021). 'Alternative lengthening of telomeres in childhood neuroblastoma from genome to proteome.' Nature Communications 12(1): 1269.
  5. Gartlgruber, M., A. K. Sharma, A. Quintero, D. Dreidax, S. Jansky, Y.-G. Park, S. Kreth, J. Meder, D. Doncevic, P. Saary, U. H. Toprak, N. Ishaque, E. Afanasyeva, E. Wecht, J. Koster, R. Versteeg, T. G. P. Grünewald, D. T. W. Jones, S. M. Pfister, K.-O. Henrich, J. van Nes, C. Herrmann* and F. Westermann* (2021). 'Super enhancers define regulatory subtypes and cell identity in neuroblastoma.' Nat Cancer 2(1): 114-128. *equal contribution
  6. Schmitt-Hoffner F, van Rijn S, Toprak UH, Mauermann M, Rosemann F, Heit-Mondrzyk A, Hubner JM, Camgoz A, Hartlieb S, Pfister SM, Henrich KO, Westermann F*, Kool M* (2021) 'FOXR2 Stabilizes MYCN Protein and Identifies Non-MYCN-Amplified Neuroblastoma Patients With Unfavorable Outcome'. Journal of Clinical Oncology 39 (29):3217-3228. *equal contribution
  7. Jones, D. T. W., A. Banito, T. G. P. Grunewald, M. Haber, N. Jager, M. Kool, T. Milde, J. J. Molenaar, A. Nabbi, T. J. Pugh, G. Schleiermacher, M. A. Smith, F. Westermann and S. M. Pfister. 2019. 'Molecular characteristics and therapeutic vulnerabilities across paediatric solid tumours', Nat Rev Cancer, 19: 420-38.
  8. Ackermann, S., M. Cartolano, B. Hero, A. Welte, Y. Kahlert, A. Roderwieser, C. Bartenhagen, E. Walter, J. Gecht, L. Kerschke, R. Volland, R. Menon, J. M. Heuckmann, M. Gartlgruber, S. Hartlieb, K. O. Henrich, K. Okonechnikov, J. Altmuller, P. Nurnberg, S. Lefever, B. de Wilde, F. Sand, F. Ikram, C. Rosswog, J. Fischer, J. Theissen, F. Hertwig, A. D. Singhi, T. Simon, W. Vogel, S. Perner, B. Krug, M. Schmidt, S. Rahmann, V. Achter, U. Lang, C. Vokuhl, M. Ortmann, R. Buttner, A. Eggert, F. Speleman, R. J. O'Sullivan, R. K. Thomas, F. Berthold, J. Vandesompele, A. Schramm*, F. Westermann*, J. H. Schulte*, M. Peifer* and M. Fischer* (2018). A mechanistic classification of clinical phenotypes in neuroblastoma. Science 362(6419): 1165-1170. *equal contribution
  9. Ryl, T., E. E. Kuchen, E. Bell, C. Shao, A. F. Florez, G. Monke, S. Gogolin, M. Friedrich, F. Lamprecht, F. Westermann* and T. Hofer* (2017). Cell-Cycle Position of Single MYC-Driven Cancer Cells Dictates Their Susceptibility to a Chemotherapeutic Drug. Cell Syst5(3): 237-250 e238. *equal contribution
  10. Henrich, K. O., S. Bender, M. Saadati, D. Dreidax, M. Gartlgruber, C. Shao, C. Herrmann, M. Wiesenfarth, M. Parzonka, L. Wehrmann, M. Fischer, D. J. Duffy, E. Bell, A. Torkov, P. Schmezer, C. Plass, T. Hofer, A. Benner, S. M. Pfister and F. Westermann (2016). Integrative Genome-Scale Analysis Identifies Epigenetic Mechanisms of Transcriptional Deregulation in Unfavorable Neuroblastomas. Cancer Res76(18): 5523-5537.
  11. Peifer, M., F. Hertwig, F. Roels, D. Dreidax, M. Gartlgruber, R. Menon, A. Kramer, J. L. Roncaioli, F. Sand, J. M. Heuckmann, F. Ikram, R. Schmidt, S. Ackermann, A. Engesser, Y. Kahlert, W. Vogel, J. Altmuller, P. Nurnberg, J. Thierry-Mieg, D. Thierry-Mieg, A. Mariappan, S. Heynck, E. Mariotti, K. O. Henrich, C. Gloeckner, G. Bosco, I. Leuschner, M. R. Schweiger, L. Savelyeva, S. C. Watkins, C. Shao, E. Bell, T. Hofer, V. Achter, U. Lang, J. Theissen, R. Volland, M. Saadati, A. Eggert, B. de Wilde, F. Berthold, Z. Peng, C. Zhao, L. Shi, M. Ortmann, R. Buttner, S. Perner, B. Hero, A. Schramm, J. H. Schulte, C. Herrmann, R. J. O'Sullivan, F. Westermann*, R. K. Thomas* and M. Fischer* (2015). "elomerase activation by genomic rearrangements in high-risk neuroblastoma. Nature 526(7575): 700-704. * equal contribution
Teammitglieder
  • PD Dr. Frank Westermann (Division Head)
  • Dr. Kai-Oliver Henrich (Senior scientist)
  • Dr. Sina Kreth (Senior scientist)
  • Dr. Anand Mayakonda (Group leader, Bioinformatics)
  • Dr. Sabine Stainczyk (Project manager)
  • Cedar Schloo (PhD student)
  • Pravin Velmurugan (PhD student)
  • Ilayda Özel (PhD student)
  • Dr. Michael Müller (MD/PhD student)
  • Pascal Kohmann (MD student)
  • Yeo-Eun Yi (MD student)
  • Maximilia Eggle (MD student)
  • Young-Gyu Park (Lab manager)
  • Elisa Maria Wecht (Bioengineer)
  • Michelle Müller (Trainee lab technician)
  • Manas Segal (Master student)
  • Adrianna Podolak (Master student)

PD Dr. Frank Westermann

Leiter der AG "Neuroblastome"

Postanschrift:
Deutsches Krebsforschungszentrum
Abt.Translationale Neuroblastom-Forschung / B087
Im Neuenheimer Feld 280
D- 69120 Heidelberg