Neue Krebstherapien für Kinder mit 25 Millionen US-Dollar gefördert

Die Entwicklung von Krebstherapien speziell für Kinder und Jugendliche steckt bisher noch in den sprichwörtlichen Kinderschuhen. An dem internationalen Projekt „PROTECT“, geleitet durch das Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ), das Dana-Farber Cancer Institute in Boston und die Stanford Universität in Kalifornien, sind insgesamt zehn Krebszentren aus fünf Ländern beteiligt. Es ist eines von fünf Projekten, das durch das Programm „Cancer Grand Challenges“ mit jeweils bis zu 25 Mio. USD gefördert wird. Das internationale Team will neuartige Krebstherapien entwickeln, durch die krebsspezifische Eiweiße in den Tumorzellen abgebaut werden und die bei jungen Krebskranken bisher noch nicht zum Einsatz kommen. Das Programm „Cancer Grand Challenges“ finanziert besonders ehrgeizige, zukunftsweisende Krebsforschungsprojekte, die großes Potential haben, die Situation der Betroffenen nachhaltig zu verbessern.

Neue Krebstherapien für Kinder: Team PROTECT will neuartige Krebstherapien entwickeln, durch die krebsspezifische Eiweiße in den Tumorzellen abgebaut werden. © U. Anspach/ KiTZ

Das „Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg“ (KiTZ) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) und der Universität Heidelberg (Uni HD).

Krebstherapien speziell für Kinder zu entwickeln, gehört zu den großen Herausforderungen der Krebsforschung. Zwar können in Deutschland mittlerweile etwa 80 Prozent der jungen Betroffenen geheilt werden. Die übrigen 20 Prozent der jungen Krebskranken überlebt die Erkrankung jedoch nicht. „Standardtherapien und auch neue zielgerichtete Medikamente für Erwachsene helfen einem großen Teil dieser Kinder leider nicht“, sagt Stefan Pfister, Direktor am Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ), Abteilungsleiter am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Kinderonkologe am Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD). „Krebs bei Kindern hat andere Ursachen, die Krebserkrankungen sind andere und auch bei der Tumorbiologie sehen wir ganz deutliche Unterschiede, die man von der Erwachsenenonkologie nicht einfach auf Kinder übertragen kann.“

Das Programm Cancer Grand Challenges wird durch die Stiftung Cancer Research UK sowie das US-amerikanische National Cancer Institute NCI kofinanziert. Aus ursprünglich 170 eingegangenen Anträgen, hat das wissenschaftliche Komitee nun fünf Projekte ausgewählte, die mit jeweils 25 Mio. USD eine Förderung über fünf Jahre erhalten. Das PROTECT-Team wird von Cancer Research UK, dem National Cancer Institute, der wissenschaftlichen Stiftung der spanischen Vereinigung gegen Krebs und KiKa (Children Cancer Free Foundation) im Rahmen von Cancer Grand Challenges finanziert.

„Wir sind überglücklich, dass PROTECT zu den ausgewählten Projekten gehört“, freut sich Stefan Pfister, der das Projekt gemeinsam mit seinem Team und den Forschungsgruppen von Frank Westermann, Ana Banito und Florencia Cidre-Aranaz am KiTZ und DKFZ leitet. „Neue Behandlungsansätze in die klinische Entwicklung zu bringen dauert Jahre und die Kosten von der Entwicklung über präklinische Tests bis hin zu frühen klinischen Studien liegen bei vielen Millionen. Für die meisten Pharmaunternehmen ist der Markt in der Kinderonkologie zu klein, sodass spezifische Entwicklungen für Kinder erst gar nicht in Angriff genommen werden. Ohne finanzstarke Förderungen, wie sie die Cancer Grand Challenges speziell für die akademische Krebsforschung ermöglicht, wäre die Entwicklung neuer Therapieansätze bei Kindern für Krebsforschungsinstitute daher gar nicht möglich.“

Das internationale Projekt, an dem neun der weltweit führende Krebsforschungszentren aus Spanien, Frankreich, den USA, den Niederlanden, Großbritannien und Deutschland zusammen mit Patientenvertretern und der eigenfinanzierten gemeinnützigen Organisation LifeArc beteiligt sind, konzentriert sich auf einen Ansatz, der bislang noch nicht in der Kinderonkologie verfolgt wird: Krebstreibende Proteine sollen mit spezifisch, dafür konstruierten Molekülen für ihren gezielten Abbau markiert und anschließend von der zelleigenen Maschinerie zerlegt werden. Bei dieser neuen Art von Behandlung handelt es sich um sogenannte PROTACs, sowie „molekulare Kleber“ (Molecular Glues).

Therapien mit PROTACs und Molecular Glues werden in der Erwachsenonkologie bereits in klinischen Studien geprüft, sind für kindliche Krebserkrankungen jedoch noch kaum erforscht.

In PROTECT haben sich die führenden Forschungsinstitute der medizinischen Chemie, Tumorbiologie und der klinischen Krebsforschung zusammengeschlossen, um den gesamten Prozess von der chemischen Entwicklung der molekularen Wirkstoffe über die biologische Validierung bis hin zur präklinischen Testung an speziell für kindliche Krebserkrankungen entwickelte Tumormodellen selbst durchführen zu können. Geleitet wird das interdisziplinär angelegte Vorhaben von Stefan Pfister, Nathanael Gray von der Stanford Universität und Kimberly Stegmaier vom Dana-Farber Cancer Institut in Boston. In enger Kooperation mit der aus der KiTZ-Forschung hervorgegangen DKFZ-AusgründungITCC-P4 gGmbH sollen die Medikamente an Labormodellen speziell für kindliche Tumorerkrankungen getestet werden.

„Theoretisch können wir mit diesem Verfahren für jedes nur denkbare Krebsprotein in den Tumorzellen den Abbau erzwingen“, erklärt Pfister. „Das heißt, wir können Tumorproteine gezielt abbauen, die bislang als unangreifbar galten. Zum Beispiel, weil sie sich aufgrund ihrer Struktur nicht durch Medikamente blockieren lassen“, sagt Pfister. „Ein weiterer Vorteil ist, dass diese Arzneimittel zelluläre Immuntherapien, die bisher leider bei nur wenigen Kindern Erfolg gezeigt haben, positiv beeinflussen können. Durch den gezielten Proteinabbau können die Immunzellen, welche die Tumorzellen angreifen sollen, an- und ausgeschaltet werden und ermüden dadurch nicht so schnell.“

In den kommenden fünf Jahren wird sich das Forschungsteam auf kindliche Tumoren konzentrieren, bei denen die Heilungschancen vergleichsweise schlecht stehen. Dazu gehören unter anderem Hirntumoren, Neuroblastome und Knochen- und Weichteiltumoren im Kindesalter.12 Krebsproteine haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bereits als besonders vielversprechende Schwachstellen in diesen Tumoren identifiziert, für die teilweise auch schon erste chemische Substanzen entwickelt wurden. Nun wird systematisch geprüft, ob sich die Tumoren mit dem neuen Ansatz im Labor und im Verlauf auch im klinischen Setting erfolgreich bekämpfen lassen.

„Wir freuen uns sehr, dass das Komitee der Cancer Grand Challenges diesmal einen besonderen Schwerpunkt auf die Kinderonkologie gesetzt hat. PROTECT ist eines von zwei Projekten aus der Kinderkrebsforschung, die jetzt die Chance haben, eng zusammenzuarbeiten, um die Situation für krebskranke Kinder und Jugendliche nachhaltig zu verbessern“, sagt Pfister.

 

Über Cancer Grand Challenges
Cancer Grand Challenges wurde im Jahr 2020 von Cancer Research UK und dem National Cancer Institute gegründet, zwei der weltweit größten Förderer für Krebsforschung. Cancer Grand Challenges unterstützt Forschungsteams von Weltrang, die zusammenkommen, anders denken und sich einigen der größten Herausforderungen der Krebsforschung stellen. Diese können nur durch multidisziplinäre Ansätze mit großen internationalen Teams angegangen werden. Die mit bis zu 25 Mio. USD dotierten Förderungen der Cancer Grand Challenges ermöglichen es den Teams, traditionelle, geografische und fachliche Grenzen zu überwinden, um dringend benötigten Fortschritte bei der Krebsbekämpfung voranzubringen. An den Cancer Grand Challenges nehmen derzeit 1 200 Forscher und 16 Teams aus der ganzen Welt teil, um 13 zentrale Herausforderungen der Krebsbekämpfung zu lösen. 
 

Dr. Alexandra Moosmann

Leitung KiTZ Kommunikation

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